Rund um Bad Homburg wird am ersten Wochenende im Juni 2007 ein Motorsportereignis des Jahres 1907 wieder auferstehen. Die zweite Austragung des Kaiserpreis-Rennens ist eine Historische Veranstaltung der Superlative zu dem viele Fahrzeuge und Teilnehmer erwartet werden.
Beim Kaiserpreis-Rennen im Jahr 1907, vom deutschen Regenten Wilhelm II. eigens veranstaltet, um die Leistungsfähigkeit der einheimischen Hersteller zu demonstrieren, siegte ein italienischer Fiat. Werksfahrer Felice Nazzaro schlug auf dem Straßenkurs durch den Taunus 38 Konkurrenten aus ganz Europa. Er benötigte für die 472 Kilometer lange Strecke fünf Stunden, 34 Minuten und 26 Sekunden. Knapp fünf Minuten später kreuzte der Belgier Lucien Hautvast am Steuer eines Pipe die Ziellinie. Carl Jörns auf Opel verteidigte als Dritter die Ehre der Gastgeber.
Fast auf den Tag genau 100 Jahre später findet erneut ein Kaiserpreis-Rennen statt. Am 2. Juni 2007 fahren, wie die Ausschreibung vorgibt, „drei- oder vierrädrige Motorwagen, welche bis 1925 gebaut wurden“ die historisch belegte Strecke im vorderen Taunus. Vom Startort Kloster Thron führt der 117 Kilometer lange Rundkurs über Bad Homburg, Oberursel, Königstein, Glashütten, Esch, Riedelbach, Rod an der Weil, Weilmünster und Ernsthausen nach Freienfels, wo die Mittagsrast vorgesehen ist. Der Rückweg erfolgt über Weilburg, Einhaus, Grävenwiesbach, Usingen und Wehrheim nach Bad Homburg. Bei der Neuauflage des Kaiserpreis-Rennens wird die Runde allerdings nur ein- statt viermal absolviert. Das Ziel ist am Landgrafenschloss in Bad Homburg aufgebaut, der ehemaligen Sommerresidenz von Kaiser Wilhelm II.
Felice Nazzaro siegte 1907 auf gesperrter Strecke mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 85 km/h. Ganz so zügig werden es die Teilnehmer des Kaiserpreis-Rennens 2007 nicht angehen lassen. Sie müssen sich strikt an die Straßenverkehrsordnung halten. Die Wertung wird anhand mehrerer Gleichmäßigkeitsprüfungen abseits der öffentlichen Wege erstellt. Dabei gilt es, die vorgegebene Fahrtzeit für eine bestimmte Strecke auf die Zehntelsekunde genau einzuhalten. Jede Abweichung wird mit Strafpunkten geahndet. Gesucht wird allerdings nicht der beste Fahrer, der Kaiserpreis geht an die siegreiche Nation. Entscheidend dabei ist der Durchschnitt aller Teams eines Landes. Teilnehmen werden neben Gastgeber Deutschland die Nationen Italien, Frankreich sowie Großbritannien und USA in einer gemeinsamen Mannschaft.
Am Start erwartet werden rund 40 Fahrzeuge auch zwei Vertreter der siegreichen Marke: ein Fiat 3A aus dem Jahre 1913 und ein Fiat 501 Corsa von 1924. Ihre pikanterweise deutschen Besatzungen treffen auf Konkurrenten in Oldtimern aus dem ersten Viertel des vergangenen Jahrhunderts. Darunter sind bekannte Namen wie Opel, Mercedes und Benz (1907 noch zwei getrennte Firmen). Nazzaro und sein Beifahrer, dessen Name im Dunkel der Geschichte verloren ging, schlugen 1907 aber auch Piloten heute längst verschwundener Marken wie Adler, NAG, Eisenach, Protos, Argus, Gaggenau und Dürkopp.
Für Felice Nazzaro war der Sieg beim Kaiserpreis-Rennen einer der größten Erfolge seiner Karriere. Der 1881 geborene Sohn eines Kohlenhändlers lernte als Mechaniker bei Fiat in Turin Vincenzo Lancia kennen, den späteren Gründer des gleichnamigen Automobilherstellers. Zusammen mit Lancia trat er im Fiat Werksteam bei den großen Rennen der damaligen Zeit an. Er gewann insgesamt fünf Grand Prix und durchbrach 1908 als Erster die Grenze von 200 km/h. In einem selbst konstruierten Fahrzeug – ein Exemplar davon ist beim Kaiserpreis-Rennen 2007 am Start – siegte er 1913 beim berühmten Straßenrennen Targa Florio auf Sizilien. 1916 kehrte er zu Fiat zurück, ab 1924 bis zu seinem Tod 1940 leitete er die Rennabteilung der italienischen Marke.
Für das Kaiserpreis-Rennen 1907 entwickelte Fiat ein spezielles Fahrzeug. Das Reglement wich nämlich vom üblichen Standard ab. Weil Kaiser Wilhelm II. die Stärke der ausländischen Grand-Prix-Boliden fürchtete, ließ er nur Tourenwagen mit maximal acht Liter Hubraum zu. International erfolgreiche Renner wie den Fiat 110 HP, der aus über 16 Liter Hubraum für die Zeit beachtliche 110 PS produzierte, wollte er seinen einheimischen Fabrikanten nicht zumuten. Die Antwort der Italiener auf diese Einschränkung war der Fiat Taunus. Der offene Zweisitzer leistete mit exakt acht Liter Hubraum etwa 72 PS und erreichte 130 km/h.
Zum Kaiserpreis 1907 schickte das Werksteam drei Fiat Taunus ins Rennen, die auf dem Rundkurs im Taunus die einheimische Konkurrenz klar beherrschten. Hinter Sieger Nazzaro belegte der Franzose Louis Wagner Rang fünf, Vincenzo Lancia wurde Sechster. Damit entschied Fiat auch die für die Vermarktung wichtige Mannschaftswertung für sich.
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