Lancia - die Geschichte der Gründung und die 100 Jahre - denn Totgesagte leben länger.
Mit einem Startkapital von 100.000 Lire erscheinen am 29. November 1906 die beiden Freunde Vincenzo Lancia und Claudio Fogolin vor dem Regio Notaio Ernesto Torretta in Turin und verwirklichen ihren Traum: Sie gründen eine Automobilfabrik.
Vincenzo Lancia, bis dato noch in den Diensten der jungen Firma FIAT, kann nun seine ambitionierten Ziele als visionärer Automobilfabrikant in die Tat umsetzen. Dabei hat er ein klar definiertes Ziel: Seinen Kunden das beste Auto mit der modernsten Technik zu offerieren. Innovation ist für ihn eine Selbstverständlichkeit. Schon sein erstes Auto, der Lancia 12 HP, entspricht diesem Anspruch. Leistung und Drehzahl des 2,5 Liter-Vierzylindermotors liegen mit 24 PS bei 1450/min deutlich über dem Niveau der Wettbewerber.
Als erstes europäisches Automobil mit serienmäßiger elektrischer Anlage setzt bereits 1913 der Lancia Theta Akzente. Heute so alltägliche Details wie elektrischer Anlasser, Lichtmaschine oder Beleuchtung bieten einen bis dahin noch nicht bekannten Komfort. Lancia ist von der Zuverlässigkeit der elektrischen Anlage so überzeugt, dass er auf die gewohnte Anlasserkurbel verzichtet. Die übrigen Automobile sind noch mit leistungsschwachen Karbidlampen bestückt, die die nächtlichen Straßen nur unzureichend erhellen.
Eine Revolution auf Rädern in Form des Lancia Lambda erscheint auf dem Pariser Automobilsalon 1922. Das erste Automobil mit einer selbst tragenden Karosseriestruktur, vorderer Einzelradaufhängung und einem innovativen Leichtmetall-V4-Motor mit nur 14 Grad Zylinderwinkel und oben liegender Nockenwelle begeistert das Publikum. Zwei Millimeter starke Stahlbleche bilden einen Skelettrahmen und in Verbindung mit den hochgezogenen Seitenteilen bietet diese Bauweise eine extrem hohe Verwindungssteifigkeit – ein klarer Vorteil gegenüber den konventionellen Konstruktionen mit ihren durch filigrane Holzrahmen versteiften Karosserien, die auf einem separaten Rahmen. aufgesetzt sind. Weitere Vorzüge dieser Konzeption: niedrigerer Schwerpunkt, geringeres Gewicht sowie ein besserer Federungskomfort durch die vordere Einzelradaufhängung. Mit diesem technologischen Quantensprung, dessen herausragende Fahrdynamik Maßstäbe setzt, etabliert sich Lancia endgültig als Produzent fortschrittlicher Automobile.
Dieser Philosophie verpflichtet präsentiert sich auch das Mittelklassemodell Aprilia, das bei seinem Debüt 1937 mit vier einzeln aufgehängten Rädern sowie dem epochalen C W -Wert von 0,47 brilliert zu einem Zeitpunkt, als im restlichen Europa in diesem Segment Starrachsen das Maß der Dinge sind und aerodynamisch effiziente Karosserien allenfalls im Rennsport und verwegenen Versuchsträgern zum Einsatz kommen.
Schon 1950 manifestiert die erste Neukonstruktion nach dem zweiten Weltkrieg die Lancia-Tradition technisch anspruchsvoller Automobile: der weltweit erste Leichtmetall-V6-Motor, Einzelradaufhängung rundum mit Schräglenker-Hinterachse, Transaxle-Bauweise (Getriebe an der Hinterachse) und serienmäßig montierte Stahlgürtelreifen charakterisieren die Aurelia-Limousine bei ihrer Vorstellung als technologischen Trendsetter, während fast alle Hersteller im alten Europa noch ihre Vorkriegskonstruktionen aktualisieren.
Einen weiteren Meilenstein markiert 1957 die Oberklasse-Limousine Flaminia. Sie gilt bis heute als die bedeutendste Design-Innovation der fünfziger Jahre. Die flache, gerade Trapezlinie und der besondere Flankenknick dieser Pininfarina-Kreation übernehmen eine Vorbildfunktion modernen Automobil-Designs bis in die achtziger Jahre. Und als selbst hochkarätige Sportwagen noch mit vier Trommelbremsen verzögern, rollt hier bereits die erste Limousine mit Scheibenbremsen rundum vom Band – serienmäßig.
Die Ära des progressiven Frontantriebs beginnt bei Lancia in Form der Mittelklasse-Limousine Flavia schon 1960, motorisiert von einem sehr kompakten, wassergekühlten Leichtmetall-Boxertriebwerk. Das Frontantriebslayout, jetzt gepaart mit einem für Lancia typischen, engwinkligen V4-Motor, übernimmt die 1963 folgende Fulvia-Familie mit dem formal besonders entzückenden Coupé, das in dieser Dekade im Rallyesport Siege in Serie einfährt und Lancia den ersten Markenweltmeistertitel im Olympiajahr 1972 sichert. Ab Mitte der siebziger Jahre revolutioniert der futuristische Stratos die Rallye-Szene, gewinnt drei Welt- und Europameisterschaften und festigt die Lancia-Dominanz. Es folgt der von einem Kompressormotor angetriebene Lancia Rally 037, bevor mit dem Delta S4 ein hoch dosiertes Technikkonzentrat erscheint (1985). Lancia realisiert hier erstmals ein duales Aufladesystem (Kompressor und Turbolader), genug für rund 480 PS aus zwei Liter Hubraum in der Gruppe B-Konfiguration, und kombiniert dieses Ensemble mit einem innovativen Allradantrieb, derweil die Wettbewerber noch mit relativ einfachen Turbolader-Konzepten der Leistung auf die Sprünge helfen. Und das aufwändige System der dualen Aufladung findet man heute – zwanzig Jahre später - in einigen Modellen eines großen europäischen Herstellers wieder. Eine einzigartige Erfolgsbilanz schreiben auch die diversen Delta HF 4WD und Delta Integrale-Versionen, In den achtziger und neunziger Jahren driften sie von Sieg zu Sieg – am Ende sind es sechs Rallye-WM-Titel für die potenten Allrad-Limousinen.
Die feine Limousine Thema gefällt mit dezenter Eleganz und raffinierter Turbotechnik, während im sportlich-elitären Thema 8.32 ein Achtzylinder-Triebwerk aus der Edelmanufaktur Ferrari die automobilen Connaisseurs beglückt. Am anderen Ende der Skala kreiert Lancia schon 1985 mit dem unkonventionellen Y 10 ein neues Segment des luxuriösen Kompaktwagens. Mit dem Nachfolger Y, dem aktuellen Lancia Ypsilon, optional bestückt mit einem technologisch anspruchsvollen, sparsamen und kultivierten 1,3 Liter-Common-Rail-Dieseldirekteinspritzer, sowie dem edlen Kompakt-Van Musa hat das Turiner Traditionsunternehmen diesen Trend zum individuellen, hochwertig ausgestatteten, lifstyle-orientierten Kompaktwagen erfolgreich kultiviert. Und mit dem derzeitigen Spitzenmodell Thesis offeriert Lancia wieder eine Limousine im gehobenen Segment, die sich mit ihrem ausdrucksstarken Design bewusst dem populären Mainstream entzieht. Individualität und Luxus, Innovation und Eleganz – diese klassischen Lancia-Attribute erleben im aktuellen Modellportfolio eine Renaissance, die im neuen Crossover-Lancia Delta HPE, der im zweiten Quartal 2008 erscheinen soll, ihre konsequente Fortsetzung finden wird.
(Text Lancia)
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