Dienstag, 9. Dezember 2008

FAZ.net: Alfa Romeo MiTo mit der Lizenz zum Tröten

Wolfgang Peters von der Frankfurter Allgemeine hat sich den MiTo zur Brust genommen und einen umfassenden Fahrtbericht zum kleinen Alfa abgeliefert:

einige Zitate:
"Der erste Versuch ging ziemlich daneben. Dabei war das Auto beinahe der Streich zweier Genies. Der Österreicher Rudolf Hruska entwickelte, und der Italiener Giorgio Giugiaro zeichnete: der Alfasud war seiner Zeit voraus und führte dennoch (oder deshalb?) zusammen mit seinem Nachfolger Alfa 33 die Marke in die Pleite."

"Fiat breitete die Arme aus, und jetzt folgt der zweite Alfa-Anlauf in dieser Klasse: Der MiTo (Kurzform für Milano und Torino) basiert im technischen Grundkonzept auf dem Fiat Punto und könnte der Alfa für alle werden. Denn die Fiat-Farben werden in ausreichender Menge überdeckt von der Alfa-Attitüde. Und die glänzt rot."

"Die Botschaft ist klar: Wer mehr möchte, der soll sich doch den Fiat Punto kaufen, ein Alfa ist in dieser Klasse eher Coupé als Kalesche. Vom Triebwerk-Trio wird das auf den ersten Blick nicht komplett eingelöst, denn es gibt zwei 1,4-Liter-Benziner und einen Sechzehnhunderter-Diesel."

"Die kleinste Otto-Maschine bietet recht zivile 58 kW (79 PS) und hat nur wegen ihres Norm-Verbrauchs von 5,9 Liter Super die Lizenz zum Tröten. Und der Diesel legt sich zwar mit 88 kW (120 PS) und einem kraftwerkähnlichen Drehmoment von 320 Nm bei 1750/min ins Zeug, aber er bleibt dennoch ein Diesel. Sein Verbrauch im Fahrzyklus liegt bei 4,8 Liter, und das ist ein schönes Wort, aber ein ähnlich durchzugsstarker und sparsamer Benziner wäre uns schon lieber."

"Gut, dass es die vielfältigen Errungenschaften der Elektronik gibt: Ihnen ist die Existenz des von uns gefahrenen 1.4 TB zu verdanken, und diese Maschine ist das richtige Herz für einen Alfa, der auch als MiTo so rot ist wie das Blut der einsamen Büffel in der Campagna, denen wir die Milch für milden Mozzarella verdanken."

"D.N.A. nennt sich eine Fahrdynamikregelung, die Motor, Getriebe, Lenkung und Fahrwerk schärft oder mildert. Je nach Stellung des Schiebeschalters auf dem Mitteltunnel ist der MiTo hitzig und der Fahrer schwitzig oder das Auto ist seidiert und der Fahrer wirkt senil. Diese Wesensänderungen treffen nicht den Kern der Marke, wir waren meist mit Dynamic unterwegs. Ein Alfa muss von innen heraus vibrieren."

"Ein Alfa Romeo muss auch immer ein optisches Spektakel sein. Wenn er das nicht ist – der Alfasud war leider konsequent vernünftig –, fährt er nicht auf der richtigen Spur. Der MiTo ist immer auf der Überholspur unterwegs. Schon im Stand."

"Aber bei der Bewertung seiner Eignung für den Alltag des Proleten, da wird er zum Problemfall: Die attraktive Karosserie ist unübersichtlich wie die Finanzierung der Parteien in Italien, der Kofferraum ist zu klein geraten, und die Ladekante liegt sowohl über der Straße als auch über dem Boden des Kofferraums auf einem Niveau, das wir unserem Orthopäden besser verschweigen. Immerhin bewegt sich die Heckklappe über die Stehhöhe hinaus und gibt eine ausreichend dimensionierte Öffnung frei."

"Dahinter wartet klassengerechte Variabilität, Ladefläche und die Rückseite der Banklehnen sind mit Teppichboden verkleidet, das macht einen guten Eindruck. Überhaupt ist die Verarbeitung tadellos, und das Material für Armaturenträger und Verkleidungen wirkt auch dann noch sympathisch, wenn man es anfasst."

"Für den Fahrer gibt es einen Aufenthaltsort mit durchschnittlichem Wohlfühlfaktor. Sehr hübsch sind die lederbezogenen und gut dimensionierten Sitze im Vantage-Design, so zitiert man schön die Alfa-Vergangenheit. In Ordnung geht die etwas aus der Längsachse herausgerückte Sitzposition, vom zu flach liegenden Volant hat sich Alfa gottlob längst verabschiedet."

"Bei heftigem Beschleunigen toben sich die Antriebseinflüsse allerdings ungeachtet des guten Servosystems im Volant aus. Die Lenkung arbeitet im Prinzip sehr genau, lediglich um die Mittelposition herum reagierte sie etwas unexakt. Der Schalthebel liegt gut zur Hand, die sechs Vorwärtsgänge sortiert man auf kurzen Wegen, die zudem exakt definiert sind."

"Denn die 1,4-Liter-Maschine dreht mit lustvollen Geräuschen sehr rasch hoch und offenbart just jene Temperamente, die man bei den eingangs erwähnten Damen zumindest vermutete. Allerdings verliert sich die Faszination des Motors (er hockt ein wenig gedrängt unter einer Haube, die man von Hand aufstemmt und mit antiquierter Blechstange fixiert) auf langen Strecken, der Lärm macht nicht gerade krank, aber er wird sehr lästig. Wobei man bei der sehr bemerkenswerten Höchstgeschwindigkeit leiser unterwegs ist als etwa bei drei Viertel davon."

"Über die Verbrauchswerte des MiTo kann man sich sehr unterschiedlich äußern: Wer ihn wirklich zügig fährt und sich den Spaßfaktoren aus Drücken, Drehen und Knallen aussetzt, wird nach unseren Erfahrungen über 10,8 Liter Super auf 100 Kilometer klagen müssen. Bei dezentem Umgang mit dem Akzelerator kamen wir auf 6,1 Liter, im Durchschnitt auf 7,3 Liter."

"Unter dem Strich ergibt sich Lob für die Agilität des Motors, für die Sicherheit der Straßenlage (etwas getrübt durch die zu weich auf Richtungsänderungen reagierenden Winterreifen) und die zupackende Art der standfesten Bremsen. In Kurven folgt der MiTo bis in den sehr hoch angesiedelten Grenzbereich ohne Zagen dem Lenkeinschlag. Dann beginnt er über die Vorderräder zu schieben und lässt sich nur mit sehr heftigen Lastwechseln zu einem kontrollierbaren Ausschwenken des Hecks überreden."

"Der zweite Versuch mit dem Alfa für alle wird nicht danebengehen. Leider müssen wir eingestehen: Vor allem wegen der beiden anderen Motorversionen wird der Alfa MiTo der erste Alfa für alle. Denn es obsiegt die Vernunft. Wie schade. Im Kino lag auch Sophia L. vorn."

Der ganze Artikel:
http://www.faz.net/alfa_Mito

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