Die Autobild-Redaktion hat den Maserati GranTurismo gegen die GT-Klassiker BMW 650i und Jaguar XKR verglichen.
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Den ersten Gran Turismo präsentierten die Italiener bereits 1947. Der aktuelle GT will Konkurrenten wie Porsche 911, BMW 6er, Mercedes CL, Aston Martin Vantage und besonders den erstarkten Jaguar XK ins Visier nehmen. Grund genug für AUTO BILD SPORTSCARS, den neuen GranTurismo mit dem BMW 650i und dem Jaguar XKR auf der Straße und der Rennstrecke zu vergleichen.
Der Maserati ist ein echter Blickfang. Fast jeder dreht sich nach ihm um. Mit dem fordernd gespitzten Kussmund, den markig ausgestellten Kotflügeln und dem betont knackigen Heck will Maserati der internationalen Konkurrenz zeigen, dass die schönsten Sportcoupés nach wie vor in Italien erschaffen werden. Statt dezentem Understatement gibt es selbstbewusst zur Schau getragene Sportlichkeit mit einem Hauch britischem Charme. Man müsste lügen, würde man an diesem Hinterteil nicht eine Spur Aston Martin und Jaguar XK entdecken. Sportwagen-typisch sind die kurzen Überhänge, der lange Radstand und das weit hinter der Vorderachse beginnende Glashaus, das bis zu vier Passagieren Platz bietet.
Jaguars Supersportler XKR ist optisch sehr nah am bereits alles andere als schnöden XK positioniert. Vergitterter Kühlergrill und Lüftungsschlitze mit der Aufschrift "supercharged" (aufgeladen) auf der ellenlangen Motorhaube kennzeichnen den "R". Auch im Innenraum hat die Jaguar-Rennsportabteilung dezente Zurückhaltung walten lassen. Das anspruchsvolle Auge stößt sich jedoch an grauen Plastikabdeckungen und preiswerten Lenkstockhebeln. Im engen Fond kann ähnlich wie beim Porsche 911 niemand sitzen. Doch wen stört’s? Bekanntlich sind dort stilechte Accessoires wie Beautycases bestens aufgehoben. Der 650i ist ein echter Hingucker, was positiv und negativ gemeint sein kann. Flach und bullig liegt er scheinbar erwartungshungrig auf der Straße. Das Heck mit dem wenig überzeugenden Bürzel ist immer noch gewöhnungsbedürftig. Das Armaturenbrett im BMW-5er-Look wirkt aufgeräumt und übersichtlich. Verarbeitungsqualität und Haptik lassen keine Wünsche offen. Die wuchtige Mittelkonsole bleibt jedoch Geschmacksache.
Und wie sieht es unter dem Blechkleid bzw. unter der Haube aus? Alle drei Coupés sind mit potenten V8-Triebwerken ausgestattet. Der Jaguar ist samt Kompressor-Power und 416 PS das stärkste Modell im Vergleich. Genug, um sämtliche Messungen wie 0–100 und 0–200 km/h für sich zu entscheiden. Der kernige Sound wird bei höheren Drehzahlen auch noch vom Singen des Kompressors untermalt. Unter der Motorhaube des neuen Maserati arbeitet ein 4,2-Liter-Motor aus dem Ferrari-Regal. 405 PS und etwas zurückhaltendere 460 Nm bieten dem Fahrer die Wahl: entweder lässig grollend dahincruisen oder bis über 7000 Touren hoch ausdrehend – mit gewaltigem Schub nach vorn. Ein Tatendrang, der dank nicht vorhandener Abriegelung bis jenseits der 280-km/h-Marke führt. Die ab und an ruckelnd zu Werke gehende Sechsgang-Automatik von ZF ermöglicht einen Spurt von 0 auf 100 km/h in schlanken 5,7 Sekunden, womit die offizielle Werksangabe um beachtliche 0,5 Sekunden verfehlt wird. Bereits akustisch kündet der BMW 650i eindrucksvoll von seinen Muskeln. Mit 367 PS ist der Bayer der nominell schwächste Teilnehmer dieses Vergleich. Mit kaum spürbaren Schaltrucken der Sechsgang-Automatik fliegt nach 5,7 Sekunden die Tachonadel an der 100er-Marke vorbei.
Doch diese Neuzeit-GTs sind nicht nur für den öffentlichen Straßenverkehr gebaut. Auch auf der Rennstrecke erleben Gentleman-Driver schöne Stunden. Hier erweist sich der BMW als die sportlichste und harmonischste Alternative. Normalerweise weitgehend neutral, unter Last dezent untersteuernd, reagiert er auf Lastwechsel mit leichtem Übersteuern. Die Rundenbestzeit verdankt der 6er aber der optionalen Aktiv-Lenkung und Dynamic Drive. Damit liegt der BMW sprichwörtlich wie ein Brett auf der Straße. Auch die standfeste und gut dosierbare Bremse überzeugt. Einen völlig anderen Charakter offenbart der Maserati. Der in der "Sport"-Einstellung straff abgestimmte Italiener rennt zwar subjektiv schneller um die Ecken, macht dabei aber auch deutlich mehr Arbeit. Wer das ESP komplett ausschaltet, erlebt bei forcierter Fahrweise tendenziell den gleichen Effekt wie beim BMW (erst Unter-, dann Übersteuern) – dies allerdings dank komplett gesperrter Hinterachse immer im kontrollierten Drift.
Ohne Zweifel fühlt sich der Maserati auf dem Rundkurs in Oschersleben am wohlsten. In Kurven scheint sich der Jag zunächst ähnlich wie der BMW zu verhalten. Auch hier qualmt das innere Rad, auf eine Sperre verzichtet der Engländer komplett. Damit verliert die Katze trotz des elektronischen CATS-Dämpfersystems in den Kurven deutlich an Dynamik und Zeit. Trotz bissigster Bremsanlage, höchster Power und geringstem Gewicht fährt der XKR nur die langsamste Zeit ein. Wobei langsam relativ ist, denn alle drei Gran Turismos liegen mit Zeiten von 1:50 Minuten (BMW) bis 1:51 Minuten (Maserati und Jaguar) auf einem Level.
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